Anfang Juni ist unser CEO Nico Nusmeier einer der Akteure aus Wirtschaft und Politik bei der Wirtschaftskonferenz "Neu denken" auf Mallorca. Im Vorfeld dazu wurde er vom "Mallorca Magazin" interviewt. Das Gespräch, das heute erschienen ist, dreht sich wesentlich um die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und um die Zukunft des Qualitätstourismus auf der Baleareninsel. Das Interview finden Sie untenstehend im Wortlaut.
Herr Nusmeier, die Schörghuber Unternehmensgruppe ist in vier sehr unterschiedlichen Bereichen tätig: Immobilien, Getränke, Hotels und Lachszucht – welcher Unternehmenszweig ist bislang am besten durch die Pandemie gekommen?
Entscheidend ist: Wir sind als Gruppe gut durch die Pandemie gekommen, weil unsere vier Unternehmens-bereiche – wie schon in anderen Krisen zuvor – einander gestützt haben. Fels in der Brandung war die Bayerische Hausbau, deren Geschäft weitgehend störungsfrei verlaufen ist. Im Getränkebereich haben wir unter der Schließung der Gastronomien gelitten, in der Lachsproduktion unter einem dramatischen Preissturz. Am härtesten war die Situation im Geschäftsfeld Hotel: Die meisten unserer 16 Häuser waren monatelang geschlossen, hunderte Mitarbeiter in Kurzarbeit, allein hier auf Mallorca 90 Prozent.
Als der Lockdown im vergangenen Jahr begann, waren Sie noch kein Jahr in Ihrer Position als CEO der Gruppe. Wie haben sich die Restriktionen auf Ihre Arbeitsweise ausgewirkt? Wie haben Sie diese ersten Wochen in Erinnerung?
Das Schörghuber-Spielfeld habe ich 2019 mit einer klaren Offensivstrategie betreten – um wenige Monate später von der Covid-19-Pandemie in die Defensive gedrängt zu werden. Die Herausforderung war: Wie passe ich meine Offensivstrategie den Gegebenheiten an, ohne sie aufzugeben? Wir haben also das Tempo unseres Wachstums justiert, aber – und das ist entscheidend – nicht an Elan verloren. Dies ist das Resultat einer herausragenden Teamleistung, für die ich allen Mitarbeitern sehr dankbar bin.
Welche waren die wesentlichen Herausforderungen für ein Familienunternehmen, das weltweit agiert?
Wir waren gerade dabei, unsere ambitionierten Wachstumsziele ins Unternehmen zu kommunizieren, unseren verstärkten Fokus auf die Entwicklung unserer Mitarbeiter, unsere Digitalisierung- und unsere Nachhaltigkeitsoffensive, als Covid-19 über uns hereinbrach. Die wesentliche Herausforderung war, die Mitarbeiter für diesen Aufbruch zu gewinnen und ihnen deutlich zu machen, dass wir mit Hochdruck an der Verteidigung ihrer Gesundheit gegen die Pandemie arbeiten. Dazu haben wir kommuniziert, kommuniziert, kommuniziert!
Auf Mallorca führt Schörghuber drei Luxushotels. Seit Monaten wird darüber gesprochen, ob die Pandemie den Abschied vom Massentourismus hin zum Qualitätstourismus beschleunigen könnte. Inwieweit halten Sie das für realistisch? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Ich teile diese Prognose. Wir sehen jetzt schon, nach den ersten Wochen der Öffnung, dass vor allem der Qualitätstourismus auf der Insel zurückkommt. Die durch ihn generierte hohe Kaufkraft und die Erwartungen der Gäste an ein nachhaltiges Tourismusmodell sind es, die Mallorca einen positiven Entwicklungsschub verleihen können.
Jetzt geht es darum, diesen Wandel im Rahmen und unter maximaler Nutzung des Wiederaufbaufonds der Europäischen Union zu gestalten. Dieses gewaltigste Konjunkturpaket in der Geschichte unserer Staatengemeinschaft heißt nicht zu Unrecht Next Generation EU: Es schafft die Grundlagen für eine grüne und digitale Transformation unserer Wirtschaft.
Haben Sie den Eindruck, dass der Weg zum Qualitätstourismus von der Insel-Politik gewünscht und gefördert wird?
Absolut. Ich sehe sowohl den politischen Willen als auch eine große Anzahl konkreter Gesetzesinitiativen, um das Tourismusmodell der Insel in ein nachhaltiges, wertschöpfendes umzuwandeln. Nehmen Sie allein das ehrgeizige Gesetz zum Klimawandel und zur Energiewende von 2019: Es spiegelt das klare Bestreben der Politik wider, ein auf Nachhaltigkeit basierendes Tourismusmodell zu definieren. Dass die Regierung bei der Erarbeitung dieser Gesetze den Austausch mit Fachleuten – auch unserer Arabella Hoteles et Inversiones – sucht, begrüße ich sehr.
Sie haben lange in der Bierbranche gearbeitet, zum Unternehmen, dem Sie vorstehen, gehören Brauereien wie Paulaner oder Hacker-Pschorr. Der Mallorca-Tourismus der vergangenen Jahrzehnte wird häufig mit massivem Bierkonsum verbunden. Wie betrachten Sie das aus der Unternehmerwarte? Leidet das Image von Bier als Genussprodukt darunter?
Bier ist Genuss, feinstes Handwerk, pure Tradition, immer und immer wieder durch achtsame Innovation verfeinert. Es ist ein Kulturprodukt – und erfreulicherweise keines, das nur ein elitäres Häuflein von Menschen anspricht, sondern eines, das von höchst unterschiedlichen Konsumenten wertgeschätzt wird. Genossen wird Bier vor allem in Gruppen – und auch das ist Teil seiner Kultur. Mallorca mit all seiner Vielfalt auf das Bierstraßen-Klischee zu reduzieren ist daher ebenso albern wie falsch.
Die Unternehmensgruppe Schörghuber ist mit Tourismus, Immobilienbau und Fischzucht in Branchen aktiv, die sich im Zeichen des Klimaschutzes sicherlich verändern werden müssen. Wie begegnen Sie dieser Herausforderung?
Wir begegnen ihr, indem wir sie nicht nur als Herausforderung sehen, sondern auch und vor allem als Chance. Unsere Mallorquiner Kollegen haben diese längst ergriffen: Unsere Arabella Golfplätze sind heute schon CO²-neutral und differenzieren sich von ihren Mitbewerbern über Nachhaltigkeit. Und mit unseren drei Hotels auf der Insel engagieren wir uns intensiv in dem von der Fundación Impulsa & Hotel geförderten Zirkularität-Projekt, das nach meiner festen Überzeugung ein bedeutender Beitrag für den Qualitätstourismus auf der Insel sein wird.
Wie sehen Sie Mallorca in zehn Jahren?
Mallorca hat alle Voraussetzungen für nachhaltigen Wohlstand: Klima, Landschaft, Kultur, Infrastruktur und die Großherzigkeit der Menschen auf der Insel.
Dieser Schatz muss behütet und behutsam weiterentwickelt werden: durch einen qualitätsvollen Tourismus, der die gesamte Wirtschaft der Insel an der Wertschöpfung teilhaben lässt. Dieser Weg führt über neue, auch ganzjährige Freizeitangebote jenseits von Sonne und Strand. Und er führt über das Modell der Zirkularität, das nicht nur eine nachhaltigere Wertschöpfung, sondern auch eine umfassendere Teilhabe an ihr ermöglicht.